#Stadtgespräch 2: Nachhaltigkeitsstrategien in der Stadtentwicklung

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Nachhaltige Stadtentwicklung ist eine Kernherausforderung des 21. Jahrhunderts, denn die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen lassen sich nur erreichen, wenn Städte sie fest in ihre strategische Planung und praktische Politikgestaltung integrieren. Dort, wo viele Menschen auf engem Raum zusammenleben und arbeiten, sind der Übergang zu klimafreundlicher Energie und Mobilität sowie der Zugang zu energieeffizientem, erschwinglichem Wohnraum besonders wichtig. Aber wie lässt sich das praktisch umsetzen?

In unserem zweiten „Stadtgespräch“ am 11. Dezember 2020 haben wir diskutiert, welche lokalen Ansätze für die Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen es bereits gibt.

Impulsvortrag:

Lorenz Gross | OECD

Kommentar:

Stefan Wagner und Verena Schwarte | Amt für Internationales und globale Nachhaltigkeit der Bundesstadt Bonn

Diskussion mit:

Elisabeth Merk | Stadtbaurätin der Landeshauptstadt München

Luise Steinwachs | stellv. Vorsitzende des Bundesverbands entwicklungspolitischer und humanitärer Nichtregierungsorganisationen (VENRO)

Moderation:

Alexander Jachnow | IHS, Erasmus Universität Rotterdam

Wie wichtig sind die Städte und Kommunen für die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele? „Sehr wichtig!“, erklärt OECD-Analyst Lorenz Gross. Die OECD schätzt, dass zwei Drittel der Unterziele aus der Agenda 2030 der Vereinten Nationen nicht ohne das Engagement und die Koordinierung mit den kommunalen und regionalen Regierungsebenen erreicht werden können. Deshalb hat die OECD ein Projekt mit derzeit neun Pilotstädten und -regionen entwickelt – dabei ist auch die Stadt Bonn. Die OECD unterstützt diese dabei, die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen als Leitfaden ihrer Politik zu nutzen und misst die Fortschritte bei deren Umsetzung.

Unter allen deutschen Städten hat Bonn eine besondere Nähe zu den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen. 24 UN-Organisationen sind in Bonn vertreten und auch viele wissenschaftliche Einrichtungen und NGOs in Bonn beschäftigen sich mit den verschiedenen Facetten von Nachhaltigkeit. Beispiele für Nachhaltigkeitsprojekte in Bonn sind Baulandmodelle, die für mehr gesellschaftliche Teilhabe am Wohnungsmarkt sorgen, nachhaltige Finanzanlagestrategien nach ethischen und ökologischen Kriterien sowie Maßnahmen für einen inklusiveren Arbeitsmarkt. Alle Bereiche der Stadtpolitik werden in die Entwicklung solcher nachhaltigen Strategien einbezogen, so Verena Schwarte vom Bonner Amt für Internationales und Nachhaltigkeit. „Dafür gibt es eine verwaltungsinterne Steuerungsgruppe, die mit Vertretern aller Dezernate besetzt ist“.

Auch in München hat sich in diese Richtung viel bewegt, erklärt die Münchner Stadtbaurätin Elisabeth Merk: „Wir haben uns neu aufgestellt und ein integriertes Handlungskonzept zum Klimaschutz, sowie neue Verkehrsmodelle entwickelt. Unsere Stadtwerke setzen verstärkt auf Geothermie und wir haben sehr viele Partizipationsprozesse, auch auf kleinen Feldern, in der ganzen Stadt in Gang gesetzt“. Zudem gibt es in München ein neues Referat für Mobilität. Ein Referat für Klimaschutz ist in Planung.

„Lokal handeln, global denken“ – so fasst die stellvertretende VENRO-Vorsitzende Luise Steinwachs die Devise für nachhaltiges Handeln auf kommunaler Ebene zusammen. Dabei gelte es, genau hinzuschauen. In einigen politischen Bereichen ist schnell ersichtlich, welche internationalen Auswirkungen lokales Handeln hat. Jede Reduktion der Treibhausgase beispielsweise hat internationale Relevanz. Jede lokale Achtsamkeit in Hinblick auf nachhaltige Lieferketten hat grenzüberschreitende Bedeutung. An anderen Stellen sind die Effekte nicht so schnell ersichtlich – was besonderen Willen zu politischer Aufmerksamkeit verlangt.

Manchmal stehen verschiedene Nachhaltigkeitsziele im Widerstreit. Was ökologisch vorteilhaft ist, kann aus sozialer Sicht nachteilig sein. Sind die grünen Räume einer Stadt wichtiger oder neuer Platz für soziale Wohnungsbauprojekte? „Das sind immer Aushandlungsprozesse“, so Verena Schwarte.

„Vielfach sind wir gefangen in Rahmen- und Regelwerken, die aus Zeiten stammen, in denen Nachhaltigkeitsgedanken noch nicht verankert waren“, so Alexander Jachnow. Diese Komplexität mache Fortschritte oft langwierig und schwierig.

Kann die Corona-Krise als Treiber nachhaltiger Strategien wirken?

Für Stefan Wagner vom Bonner Amt für Internationales und Nachhaltigkeit ist das durchaus möglich, aber nicht ausgemacht: „Wir sehen viele sinnvolle Ansätze, wie etwa das dezentrale Arbeiten, die Verringerung des Individualverkehrs, die Digitalisierung in den Schulen. Das wollen wir halten!“. Gleichzeitig gebe es auch gegenläufige Tendenzen in dieser Krise, wie etwa die Zunahme an Verpackungsmüll.

Auch Elisabeth Merk entdeckt in der Krise viele Beispiele für simple Neuerungen, die große Veränderungen bringen. „Wir müssen diese disruptiven Ereignisse nutzen“, sagt sie. Mit Blick auf die Chancen, die sich durch neue Verhaltens- und Denkweisen in der Krise ergeben haben, spricht sie von einer „Manufaktur der Zukunft“.

Mitschnitt der Veranstalltung:

Präsentation von Lorenz Gross:

Präsentation von Stefan Wagner und Verena Schwarte:

Zum Weiterlesen:

A territorial approach to the Sustainable Development Goals in Bonn, Germany – Fallstudie: Wie können die SDGs dazu beitragen, die Nachhaltigkeitsstrategie in Bonn zu institutionalisieren und angemessene Ressourcen für die Umsetzung bereitzustellen?

Engagement Global. Öffentliches Unternehmen, das Kommunen bei Nachhaltigkeitsstrategien berät.

Nachhaltigkeit kommunal gestalten. Überblicksseite des Deutschen Städte- und Gemeindebundes

Themenseite: Nachhaltigkeitsstrategie der Stadt Bonn. Themenseite der Stadt Bonn