Investitionen und Kommunalfinanzen nach COVID-19

Kommunen erleben in vielen OECD-Ländern derzeit einen beispiellosen Einbruch ihrer Einnahmen. Doch gerade jetzt ist es von zentraler Bedeutung, dass sie weiterhin ihrer Rolle beim Management der Pandemie und der Daseinsvorsorge nachkommen können, ohne dabei wichtige Investitionen zu vernachlässigen. Deswegen sieht etwa das Konjunkturpaket der deutschen Bundesregierung umfangreiche finanzielle Hilfen vor, wie das Ersetzen der erwarteten Gewerbesteuerausfälle für das Jahr 2020. Zusätzlich stockt der Bund dauerhaft seinen Anteil an den Unterkunftskosten in der Grundsicherung und seine Investitionsförderungen für Kommunen auf.

Unklar ist allerdings, ob das reichen wird, denn es gibt auch strukturelle Probleme: Besonders Kommunen in strukturschwachen Gebieten hatten schon vor der Pandemie aufgrund finanzieller und personeller Engpässe Schwierigkeiten, Investitionen rasch und adäquat umzusetzen. Einige von ihnen mussten verstärkt Kassenkredite in Anspruch nehmen, weil ihnen – unter anderem bedingt durch steigende Sozialausgaben – ansonsten Investitionsmittel fehlten.

Wie Kommunen aus strukturellen Engpässen geholfen werden kann, haben wir anhand von Beispielen aus Deutschland und anderen Ländern am 16. September 2020 in einem gemeinsamen Webinar mit dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln diskutiert.

Präsentation:
Rüdiger Ahrend | Abteilungsleiter am OECD-Zentrum für Unternehmen, KMU, Regionen und Städte

Diskussion:
Tobias Hentze | Senior Economist für Finanz- und Steuerpolitik am Institut der Deutschen Wirtschaft

Verena Göppert | stv. Geschäftsführerin Deutscher Städtetag

Patrik Kraulich | Leitender Ministerialrat am Hessischen Finanzministerium

Moderation:
Hans-Peter Klös | Leiter Wissenschaft des IW

Zu Beginn erläuterte Rüdiger Ahrend, dass die Coronakrise sich regional sehr unterschiedlich ausgewirkt hat. Aufgrund des hohen Anteils von Steuern, insbesondere der konjunkturanfälligen Gewerbesteuer, sind die kommunalen Finanzen in Deutschland besonders stark getroffen. Allerdings war die Ausgangslage auch besser als in vielen anderen OECD-Ländern. Wichtig ist seiner Ansicht nach ein über alle Regierungsebenen koordinierter Ansatz, um eine Wiederholung der Fehler nach der Finanzkrise 2009 zu verhindern. Damals ging die Konsolidierung der Staatsfinanzen in vielen OECD-Ländern vor allem zu Lasten der kommunalen Investitionen.

Aus Sicht von Tobias Hentze gibt es große Unterschiede zwischen den Kommunen in der Qualität der Regierungsführung. Eine Stärkung ihrer Autonomie könne ein Weg sein, um nachhaltig für solide Kommunalfinanzen zu sorgen. Gleichzeitig bestehe hierbei das Risiko, dass Ungleichheiten zunehmen. Am Ende bedeute aber Geld in den Kommunen Lebensqualität von Menschen. Daher greife eine Bewertung nach rein ökonomischen Prinzipien zu kurz.

Viele der Probleme bei den kommunalen Finanzen, etwa die Altschuldenproblematik, werden laut Verena Göppert durch die aktuelle Krise noch verstärkt. Gesundheitsämter, Kindergärten und Schulen etwa stehen vor nie da gewesenen Herausforderungen. Es gebe zwar viele Investitionsprogramme für Kommunen. Das ist zwar hilfreich, vorzuziehen wäre aus Sicht von Verena Göppert aber eine dauerhaft verbesserte Finanzausstattung, über die die Kommunen frei verfügen können. Die Länder forderte sie auf, bei der Sanierung von Altschulden zu unterstützen.

Ein Modell dafür ist die von Patrik Kraulich im Hessischen Finanzministerium verantwortete HESSENKASSE. Als einen Schlüsselfaktor bei der erfolgreichen Umsetzung benennt er die offene Kommunikation mit den Kommunen und Kontrollen, damit sie nicht erneut in eine finanzielle Schieflage geraten. Grundsätzlich hält er eine höhere Beteiligung des Bundes an den kommunalen Sozialausgaben für wichtig, um finanzielle Schieflagen von Kommunen in strukturschwachen Gebieten entgegenzuwirken.


Hier finden Sie die Folien der Power Point Präsentation von Rüdiger Ahrend. Die Präsentation fasst die wichtigsten Ergebnisse des OECD-Berichts „The territorial impact of COVID-19: Managing the crisis across levels of government“ zusammen.

Die Präsentation zum hessischen Modell kommunaler Entschuldung, das Modell HESSENKASSE, finden Sie hier: