Internationale Unternehmensbesteuerung im digitalen Zeitalter –Reformpläne und mögliche Effekte

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Viele kennen sie unter dem Namen „Digitalsteuer“ – aber was derzeit von 137 Staaten und Gebieten im Rahmen des Inclusive Framework on BEPS verhandelt wird, ist mehr als das. Es geht darum, einheitliche Regeln zur Besteuerung hochprofitabler multinationaler Konzerne festzulegen – darunter Digitalkonzerne, aber möglicherweise auch bestimmte Industrieunternehmen wie Pharmakonzerne oder Autohersteller, die eine dauerhafte Marktpräsenz in den Ländern ihrer Konsumenten haben. Die geplante Steuerreform soll schädlichen Steuerwettbewerb zwischen Staaten verhindern und Steuervermeidungsstrategien einen Riegel vorschieben. Die OECD geht davon aus, dass eine entsprechende Reform sich positiv auf die weltweiten Steuereinnahmen auswirken würde. Dieser Aspekt ist nicht zuletzt aufgrund der aktuellen Covid-19-Pandemie wichtig. Ein deutliches Plus an Steuereinnahmen könnten Staaten nutzen, um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie abzufedern.

Wo die internationale Gemeinschaft mit ihren Verhandlungen für eine entsprechende Steuerreform derzeit steht, welche Chancen das Reformprojekt birgt und was es darüber hinaus zu beachten gilt, war Thema eines digitalen Lunch Time Seminars von OECD und DIW Berlin am 2. Juni 2020.  

Es diskutierten:

Martin Kreienbaum | Ministerialdirigent im deutschen Bundesministerium der Finanzen und Vorsitzender des OECD-Steuerausschusses sowie des Inclusive Framework on BEPS

David Bradbury | Leiter der Abteilung Steuerpolitik und Statistik der OECD

Dominika Langenmayr | Wirtschaftsprofessorin der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und Expertin für Körperschaftssteuern und Steuervermeidungsstrategien multinationaler Konzerne

Moderation: Nicola Brandt | Leiterin des OECD-Berlin Centre

Zu Beginn des Seminars erklärte Martin Kreienbaum die Ursprünge der Initiative, die zum Inclusive Framework on BEPS wurde, und ging auf den Zeitplan der Verhandlungen ein. Obwohl wichtige Verhandlungstermine wegen der Covid-19-Pandemie verschoben werden mussten, bleibe das Ziel, bis Ende 2020 ein Abkommen abzuschließen – basierend auf zwei Säulen:

Säule I soll regeln, wo ein Teil der Unternehmensgewinne bestimmter hochprofitabler multinationaler Unternehmen besteuert werden könnte (Anknüpfungsregeln) sowie zu welchen Anteilen (Gewinnzuweisungsregeln). Während Besteuerungsrechte derzeit an die Betriebsstätte anknüpfen, verhandeln die Ländern nun darüber, wie ein Teil der Gewinne bestimmter, besonders profitabler Unternehmen in den Marktstaaten besteuert werden kann – auch ohne physische Präsenz.

Säule II soll verbliebene Schlupflöcher im internationalen Steuerrecht schließen und ein Mindeststeuerniveau für multinationale Unternehmen festschreiben.

David Bradbury beschrieb die zu erwartenden Auswirkungen einer solchen international verbindlichen Besteuerung. Nach OECD-Schätzungen könnte die erste Säule für die meisten Staaten kleine Steuermehreinnahmen generieren. Die zweite Säule könnte die Unternehmenssteuereinnahmen global deutlich erhöhen, und zwar in ähnlicher Weise für Volkswirtschaften mit hohem, mittlerem und niedrigem Einkommensniveau.

Dominika Langenmayr begrüßte die Pläne des Inclusive Framework on BEPS, wies aber auch auf offene Fragen hin, etwa wie die neuen Anknüpfungsregeln die Steuereinnahmen zwischen den Ländern neu verteilen könnten. Sie wies auch auf Studien hin, denen zufolge eine globale effektive Minidestbesteuerung den Steuersenkungswettbewerb für manche Staaten unter Umständen sogar noch verstärken könnten. An beide Punkte knüpfte sich eine lebhafte Diskussion.

Über die teilnehmenden Experten und Expertinnen:

Martin Kreienbaum ist Ministerialdirigent im Bundesfinanzministerium. Seit 2017 ist er Vorsitzender des OECD-Steuerausschusses sowie des Inclusive
Framework on BEPS.

David Bradbury leitet die Abteilung Abteilung Steuerpolitik und Statistik bei der OECD in Paris.

Zum Profil auf der OECD-Website

Dominika Langenmayr ist Inhaberin des Lehrstuhls für VWL, insb. Finanzwissenschaft an der KU Eichstätt-Ingolstadt. Sie ist Expertin für Körperschaftssteuern und Steuervermeidungsstrategien multinationaler Konzerne.

Zum Profil auf der Universitäts-Website

Zum Weiterlesen:

OECD BEPS. OECD-Themenseite mit Erklärvideos und aktuellen Nachrichten zum Stand des OECD/20 Inclusive Framework on BEPS.

BEPS Actions. Überblickseite für die 15 Aktionspunkte des OECD/G20 Inclusive Framework on BEPS.