Umbruch nach der Krise – was sich in der Politikgestaltung ändern sollte

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Die Pandemie hat das Vertrauen der Menschen in ihre Regierungen auf eine harte Probe gestellt. Die Bedeutung von evidenzbasierter Politik ist in den Fokus gerückt. Es braucht Transparenz, Bürgernähe und Regulierungen, die Raum für Innovationen lassen, ohne dabei das gesamtwirtschaftliche Wohlergehen aus dem Blick zu verlieren.

Der aktuelle OECD Regulatory Outlook analysiert die internationalen Trends in der Politikgestaltung und formuliert Empfehlungen für eine moderne Gesetzgebung. Die OECD-Expertinnen Christiane Arndt-Bascle und Yola Thürer haben in unserem Webinar am 16. November die wichtigsten Ergebnisse der Studie für Deutschland erläutert.

In der anschließenden Diskussion mit Jakob Häußermann (work4germany), Claudine Nierth (Mehr Demokratie) und Vanessa Wannicke (BDI) ging es um Vorschläge für mehr Transparenz, öffentliche Beteiligung in Gesetzgebungsprozessen und um alternative Beteiligungsformate wie Bürgerräte. Letztere sind vor allem bei konsensfähiger Lösungsfindung hilfreich. Im Januar diesen Jahres wurde beispielsweise mit großem Erfolg ein Bürgerrat zu Deutschlands Rolle in der Welt für den Bundestag durchgeführt. Die Fristen für Sellungnahmen zu Gesetzesentwürfen sind oft für eine genaue Evaluierung zu knapp bemessen, weswegen sich das BDI für verbindliche Fristen einsetzt.

Moderation: Nicola Brandt I OECD Berlin Centre

Kernpunkte der Studie

Nach wie vor wird die breite Öffentlichkeit in Deutschland zu wenig in die Entwicklung von Gesetzesentwürfen eingebunden. In pucto Transparenz und Bürgerbeteiligung in Gesetzgebungsprozessen hat sich Deutschland seit der OECD-Untersuchung 2015 sogar verschlechtert.

Fast drei Viertel der OECD-Länder verfügen über Online-Portale, um einen Teil ihrer Gesetzesentwürfe zur Diskussion zu stellen. In Deutschland gibt es ein solches Verfahren nicht. Dadurch versäumt es die Politik, wertvolle Beiträge von Bürger:innen und weniger gut vernetzten Unternehmen und NGOs zu geplanten Gesetzen zu erhalten.

Bei der Abschätzung möglicher Folgen eines Gesetzes liegt in Deutschland der Fokus häufig auf den Kosten eines Gesetzesvorhabens und zu wenig auf dem Nutzen und damit der Effizienz, weswegen die Studie empfiehlt, die Nutzenanalyse im Gesetzgebungsverfahren verpflichtend zu machen und dabei stärker als bisher die Auswirkungen verschiedener Handlungsalternativen zu vergleichen.

Im Bereich der ex-post-Evaluierung von Vorschriften auf ihre Funktionstüchtigkeit in der Praxis schneidet Deutschland überdurchschnittlich gut ab. Die Evaluierungsberichte werden in der Regel veröffentlicht, sind aber häufig nur schwer auffindbar. Obwohl 2019 Qualitätskontrollen von Evaluierungen angekündigt wurden, finden diese bisher nicht statt. Zudem treibt Deutschland engagiert den Bürokratieabbau voran.

Zum Weiterlesen

OECD Regulatory Policy Outlook 2021. Vollständige Studie auf Englisch (6. Oktober 2021)

Pressemitteilung: In Bezug auf Transparenz und öffentliche Beteiligung in der Gesetzgebung gehört Deutschland zu den OECD-Schlusslichtern (16. November 2021)