„Tankrabatt ist keine Dauerlösung“ – OECD-Chefökonomin Laurence Boone im Interview mit WELT

OECD-Chefökonomin Laurence Boone

Auszug aus einem Interview der Tageszeitung WELT mit OECD-Chefökonomin Laurence Boone vom 17. März 2022. Das Gespräch führte Tobias Kaiser.

Was passiert, wenn kein Öl und Gas mehr aus Russland fließen? Kurzfristig würde es deutsche Wirtschaftswachstum zwar schwächen – doch OECD-Ökonomin Laurence Boone sieht eine ganz andere Herausforderung. Bestimmte Branchen würden zuerst vor große Probleme gestellt werden.

Sie verzichten wegen des Ukraine-Kriegs auf ein Update ihrer Konjunkturprognose. Trotzdem werden Sie sich die Zahlen angeschaut haben. Droht wegen der Ukraine-Krise eine Rezession?

Wir haben uns entschieden, die Auswirkungen zu betrachten und keine Vorhersage zu machen, weil die Situation unsicher ist und sich schnell entwickelt. Wir hatten im Dezember prognostiziert, dass die Wirtschaft der Euro-Zone 2022 um 4,3 Prozent wachsen würde und die deutsche Wirtschaft um vier Prozent. Der Krieg und die Sanktionen des Westens kosten die Euro-Zone nach derzeitigem Stand etwas weniger als 1,5 Prozentpunkte Wachstum.

Wie sieht es bei der Inflation aus?

Der Effekt auf die Inflation ist höher. Die Inflation in der Euro-Zone dürfte in diesem Jahr um 2,25 Prozentpunkte höher ausfallen wegen des Schocks.

Noch fließen allerdings Gas und Öl aus Russland. Eine Handvoll EU-Staaten fordert einen Importstopp für russisches Öl und Gas. Kann sich Deutschland das leisten?

Kurzfristig ist das schwierig zu sagen, aber unabhängiger von russischem Gas zu werden und andere Quellen zu nutzen, ist notwendig, um die Widerstandsfähigkeit im Energiebereich zu stärken. Russlands Anteil an der gesamten verbrauchten Energie in Europa liegt bei 20 Prozent. Würden 20 Prozent der Energieimporte wegfallen, wären die Auswirkungen in unterschiedlichen Ländern sehr unterschiedlich. In Irland wären sie minimal, am stärksten betroffen wären Litauen, Griechenland und die Türkei, die nicht Mitglied der EU aber der OECD ist. Auch Ungarn, die Tschechei und die Slowakei würden stark leiden.

Das vollständige Interview finden Sie hier.