Digitales Lernen nach dem COVID-Schock

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COVID-19 gilt allgemein als Digitalisierungsbeschleuniger. Viele Unternehmen schickten während des Lockdowns binnen kürzester Zeit fast ihre gesamte Belegschaft ins Homeoffice. Wenn es darum geht, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer digital weiterzubilden, hat Deutschland allerdings im internationalen Vergleich noch Defizite.

In einem gemeinsamen Webinar von OECD Berlin Centre, der Wachstumsregion Ems Achse, dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) am 11. September 2020 haben wir diskutiert, wie sich das ändern lässt.

Vortrag:

Anja Meierkord | OECD-Arbeitsmarktökonomin

Kommentar:

Simon Janssen | Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)

Diskussion:

Moritz von Soden | Geschäftsführer Bornemann Gewindetechnik, Delligsen

Felix Knoll | Geschäftsführer Berky GmbH, Haren (Ems)

Moderation:

Lutz Bellmann | Leiter des Forschungsbereichs „Betriebe und Beschäftigung“ am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)


Lesen Sie hier eine Zusammenfassung der Veranstaltung von Hermann-Josef Mammes von der Meppener Tagespost (NOZ Medien):

Wie verlieren ältere Mitarbeiter die Scheu vor digitaler Arbeitswelt?

(11. September 2020) – Deutschland besitzt bei der digitalen Weiterbildung im internationalen Vergleich noch große Defizite. Gleichwohl zeigte ein digitales Webinar einer gemeinsamen Veranstaltungsreihe von Wachstumsregion Ems Achse, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und NOZ Medien gute und praktikable Lösungsansätze auf.

Moderator Lutz Bellmann sagte am Freitag, „dass Corona Arbeit und Weiterbildung auf den Kopf gestellt hat“. Es komme jetzt darauf an, dass gerade handwerkliche und kleinere Betriebe die Scheu vor der digitalen Weiterbildung ihrer Mitarbeiter ablegen. Er begrüßte im Chat 147 Teilnehmer, darunter viele User und Leser von NOZ Medien, die sich mit Fragen aktiv an der Diskussion beteiligten.

Deutschland nur Durchschnitt

Anja Meierkord von der OECD internationale Trends und Simon Janssen vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit zeigten die aktuelle Entwicklung in Deutschland auf. „Deutsche Firmen sind bei der betrieblichen Weiterbildung durchschnittlich“, sagte Arbeitsmarktökonomin Meierkord. Dabei gebe es erste gute Ansätze. „Über virtuelle Realitäten können selbst Handwerker online neue Fähigkeiten vermitteln und erlernen.“ Gleichwohl gebe es in Deutschland immer noch ein Infrastrukturproblem. Es beginne bei den Lücken im Breitbandausbau und ende bei fehlenden Laptops für Mitarbeiter. 

Wirtschaftswissenschaftler Janssen zeigte die branchenspezifischen Differenzen beim E-Learning auf. Während sich hier Dienstleister leicht tun, gibt es im produzierenden Gewerbe noch großen Nachholbedarf.

Die Jungunternehmer  Moritz von Soden vom Unternehmen Bornemann Gewindetechnik aus Delligsen und Felix Knoll von der Berky GmbH aus Haren stießen mit ihren konkreten Verbesserungsvorschlägen auf große Resonanz. „Wir müssen gerade ältere und gering qualifizierte Arbeitnehmer weiterbilden“, sagte Moritz von Soden. Leider würde digitalen Lernen oft nur in englischer Sprache erfolgen. „Das schreckt ab“, sagte er. Zudem könne heute keiner mehr sagen: „Ich muss nur noch drei Jahre bis zur Rente arbeiten. Ich mache weiter wie bisher.“ Dies sei in der schnelllebigen Arbeitsrealität nicht mehr akzeptabel. Deshalb müsse man Ängste und Hürden vor dem Digitalen abbauen.

Tandemlösung für jung und alt

 Wie dies in der Praxis aussehen kann, zeigte Felix Knoll auf. Bei der emsländischen Firma Berky setzt der Firmenchef auf eine Tandemlösung. „Digitale Weiterbildungen sind bindend und finden oft im Zweierteam statt.“ Ein junger digital affiner Mitarbeiter und ein älterer Kollege würden gemeinsam geschult. „Damit haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht“, so Felix Knoll aus Haren. In einem konkreten Projekt würden junge Kollegen ältere filmen, während diese ihre langjährigen handwerklichen Erfahrungen erläutern. Jungunternehmer von Soden ergänzte, dass „wir auch solche Videos erstellen, die dann als QR-Codes an den Maschinen verfügbar sind“. 

In diesem Zusammenhang warben die Wirtschaftsexperten Janssen und Meierkord dafür, „Weiterbildungen lukrativ zu gestalten“. Anreize könnten monetäre sein, oder man erweitere nach der Schulung die Aufgabenfelder des Mitarbeiters. 


Die Folien der Präsentation von Anja Meierkord:

Die Folien der Präsentation von Simon Janssen:


Zum Weiterlesen:

The potential of online learning for adults: Early lessons from the COVID-19 crisis. OECD-Themenpapier (Juli 2020)

Education responses to COVID-19: Embracing digital learning and online collaboration. OECD-Themenpapier (März 2020)