Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit auf dem Prüfstand

DAC Prüfbericht zur Entwicklungszusammenarbeit: Deutschland 2021

Die Coronakrise hat noch einmal gezeigt, wie wichtig globale Partnerschaften, Solidarität, Multilateralismus und eine effektive Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern sind. Der Kampf gegen die Pandemie wird nur dann erfolgreich sein, wenn er es in allen Ländern ist.

Vor diesem Hintergrund hat der OECD-Entwicklungssausschuss (DAC) die Ausrichtung, Umsetzung und Qualität der deutschen Entwicklungszusammenarbeit im Rahmen einer Peer Review überprüft. Die Ergebnisse haben wir am 23. Juni 2021 in einem Webinar vorgestellt und diskutiert.

Impulsvortrag:

Nadine Piefer-Söyler | OECD

Im Anschluss Diskussion mit:

Wolfgang Epp | IHK Reutlingen
Frank Fass-Metz | Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Jörg Faust | Deutsches Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit
Anke Kurat | VENRO
Imme Scholz | Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)

Moderation:

Matthias Rumpf | OECD Berlin Centre

Kernergebnisse der Diskussion:

Unter den 30 DAC-Mitgliedern ist Deutschland nach den USA der zweitgrößte Geber und erfüllt seine Verpflichtung, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit (EZ) auszugeben. Zudem hat Deutschland schnell auf die COVID-19 Pandemie reagiert und insgesamt Mittel in Höhe von 4,7 Milliarden Euro zugunsten von Partnerländern mobilisiert. Die Peer Review würdigt Deutschlands starken Einsatz für nachhaltige Entwicklung, Klimaschutz und eine regelbasierte multilaterale Ordnung. Gleichzeitig sehen die Peers Reformbedarf und Potential für größeren Einfluss der deutschen Entwicklungspolitik.

Unter den DAC-Ländern ist Deutschland das einzige Mitglied mit einem eigenen für die Entwicklungszusammenarbeit zuständigen Ministerium und die EZ ist bei Weitem kein Nischenthema, sondern im Zentrum der deutschen Nachhaltigkeitspolitik. Im Bericht wird das BMZ als originäres EZ-Ministerium begrüßt. Jedoch wird betont, dass eine über das BMZ hinaus greifende Gesamtvision für die verschiedenen Akteure der deutschen Entwicklungszusammenarbeit helfen könnte, noch effizienter, wirksamer und partnerorientierter zu werden.

Die Agenda 2030 der Vereinten Nationen ist das Leitbild der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie, die es nun gilt anzuwenden und systematisch auf etwaige Inkohärenzen nationaler und globaler Politiken für Entwicklungsländer zu prüfen. Ein Vorschlag aus der Diskussion lautet, dass jedes Bundesministerium die Auswirkungen seiner Politik auf den globalen Süden anhand eines solchen Leitbildes mitdenken und in Rechenschaftsberichten darüber Auskunft geben muss.

In den Bereichen Klima, Umwelt und Digitalisierung ist die deutsche Entwicklungsarbeit konzeptuell und in der Umsetzung stark aufgestellt. Das Erfolgskonzept dieser Bereiche sollte verstärkt auch für Genderthemen angewandt werden. Auch das Thema Armut und Ungleichheit sollte noch systematischer bei allen Projekten mitgedacht werden.

In der deutschen Privatwirtschaft gibt es großes Interesse an mehr EZ. Unternehmen wünschen sich jedoch mehr Unterstützung, um sich auch an schwierigen Standorten anzusiedeln. Die seit einem knappen Jahrzehnt existierenden Business Scouts sind eine wichtige Hilfe, jedoch fehlt es darüber hinaus an Personal und an niedrigschwelligen Projekten vor Ort, die deutsche Unternehmen anlocken bzw. ihnen den Start erleichtern würden.  

Mehr Monitoring und mehr Evaluierung würden der deutschen Entwicklungszusammenarbeit zugutekommen. Insgesamt sollte die EZ stärker evidenzbasiert aufgestellt werden. Es geht darum, noch besser aus Erfolgen wie Misserfolgen zu lernen. Auch sollte Deutschland bei der Gestaltung seiner EZ stärker nationales Personal einbinden – von der Strategieentwicklung bis zur Projektimplementierung – und von ihrem Wissen und ihren Netzwerken vor Ort profitieren. Um die deutsche EZ gut für die Zukunft aufzustellen, empfiehlt sich außerdem eine stärkere Partnerorientierung, mehr Mut zu Innovationen und neuen (Multi-Akteurs-) Partnerschaften, eine bessere Nutzung der zahlreichen EZ-Instrumente, sowie eine größere Flexibilität – wie Deutschland sie in der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie gezeigt hat.  

Mitschnitt der Veranstaltung:

Zum Weiterlesen:

OECD Development Co-operation Peer Reviews: Germany 2021. Vollständiger Bericht (Juni 2021)

DAC-Prüfbericht über die Entwicklungszusammenarbeit: Deutschland 2021. Deutschsprachige Kurzfassung des Berichts mit den wichtigsten DAC-Empfehlungen (Juni 2021)

Wichtigste Ergebnisse und Empfehlungen des Entwicklungsausschusses (DAC). Deutschsprachige Broschüre mit den wichtigsten DAC-Empfehlungen im Überblick (Juni 2021)

Förderung der Gleichberechtigung der Geschlechter in Post-Konflikt-Kontexten. Untersuchung des Deutschen Evaluierungsinstituts der Entwicklungszusammenarbeit (2021)

#Weltweitwichtig. VENRO-Kampagne im Vorfeld der Bundestagswahl mit Forderungen an die deutsche Entwicklungspolitik