Der Arbeitsmarkt nach Corona: Was braucht es für einen tragfähigen Aufschwung?

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Während für viele regulär Beschäftigte Kurzarbeit die unmittelbaren Folgen der Coronakrise abfedern konnte, mussten Selbstständige und Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen empfindliche Einkommenseinbußen hinnehmen. Je länger die Krise dauert, desto mehr steigt das Risiko, dass sich Arbeitslosigkeit verfestigt. Zudem müssen Kurzarbeitsregelungen jetzt so gestaltet werden, dass sie den Aufschwung nicht gefährden.

In einem gemeinsamen Webinar mit dem Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) haben wir deshalb am 8. Juli 2021 die Prognosen des neuen OECD-Beschäftigungsausblicks vorgestellt und diskutiert, welche Maßnahmen es in Deutschland für einen tragfähigen Aufschwung braucht.

Impulsvortrag:  

Stefano Scarpetta und Stéphane Carcillo | OECD 

Diskussion mit:

Bernd Fitzenberger | Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB)
Hans-Peter Klös | Institut der Deutschen Wirtschaft (IW)
Bettina Kohlrausch | Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut (WSI)

Moderation:

Lutz Bellmann | Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB)

Kernpunkte der Diskussion:

In Deutschland ist die Arbeitslosenquote während der Covid-19-Krise nur minimal gestiegen. Aber auch das Arbeitszeitvolumen ist zurückgegangen: im OECD-Schnitt um 15 Prozent, in Deutschland um etwas mehr als fünf Prozent. 

Lasten auf dem Arbeitsmarkt ungleich verteilt

Während einige Teile der Bevölkerung gut durch die Krise gekommen sind, wurden insbesondere junge Menschen sowie Beschäftigte in niedrig bezahlten Berufen hart getroffen. Wie erwartet, konnten besonders Beschäftigte mit höherem Bildungsabschluss von Zuhause aus arbeiten. Unter den Beschäftigten mit einem Universitätsabschluss galt dies in Deutschland für 47 Prozent, unter jenen ohne Schulabschluss nur für 10 Prozent. In beiden Gruppen liegt der Anteil unter dem OECD-Schnitt (55 bzw. 19 Prozent).

Auch waren Frauen stärker betroffen als Männer: Ihre Arbeitszeit ist während der Krise stärker zurückgegangen und die Erholung auf dem Arbeitsmarkt verläuft für sie langsamer. Das könnte dazu führen, dass das geschlechterspezifische Lohngefälle (Gender-Wage-Gap) wieder ansteigt.

Kurzarbeit sehr erfolgreich

Der Anteil der Beschäftigten in Kurzarbeit hat in Deutschland im Winter wieder zugenommen, aber die Arbeitslosenquote ist trotzdem weiter gesunken. Gleichzeitig wurden starke Einbrüche bei Minijobs und Solo-Selbständigen verzeichnet.

Insgesamt waren arbeitsmarktpolitische Maßnahmen wie die Kurzarbeit sehr erfolgreich. Im OECD-Schnitt wird das Vorkrisenniveau auf dem Arbeitsmarkt voraussichtlich erst im 4. Quartal 2023 erreicht werden. Deutschland hingegen könnte noch dieses Jahr wieder Vorkrisenniveau erreichen.

Es ist jedoch nicht gelungen die Kurzarbeit mit Weiterbildung und Qualifizierung zu verbinden. Das Thema Weiterbildung sollte Signalwirkung erhalten und auch im Kontext von Langzeitarbeitslosigkeit stärker beleuchtet werden.

Ausbildung weiter unter Druck

Das duale Ausbildungssystem steht unter Druck und die Covid-19-Krise hat die Lage weiter verschärft. Bisher gibt es kaum einen Rückgang bei den angebotenen Stellen, aber die Anzahl der Bewerbungen ist dramatisch eingebrochen. Im Laufe der transformativen Rezession werden Transformationsprozesse wie die Digitalisierung auch in der dualen Ausbildung sichtbar werden.

Zum Weiterlesen:

OECD Emplyoment Outlook 2021. OECD-Studie zur Entwicklung des Arbeitsmarkts in den OECD-Ländern (7. Juli 2021)

A once-in-a-lifetime opportunity to build a better world of work. OECD-Themenseite zum Employment Outlook 2021