Smart Schools für smarte Kids: Welche Rolle sollen digitale Technologien im Unterricht spielen?

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Bildungspolitiker:innen in Deutschland sind sich einig, dass digitale Geräte überall fester Bestandteil des Schulalltags werden sollen. Mit der technischen Ausstattung und dem Anschluss an schnelles Internet ist es aber längst nicht getan. Damit digitale Tools eine echte Bereicherung sein können, braucht es die richtigen Programme, geschultes Lehrpersonal und vieles mehr. Anhand konkreter Beispiele aus anderen Ländern haben wir am 20. September 2021 diskutiert, wo digitale Technik in der Schule einen wirklichen Mehrwert bietet – und was uns auf dem Weg dorthin bisher noch bremst.  

Vortrag:

Andreas Schleicher | OECD-Bildungsdirektor

Diskussion mit:

Jacob Chammon | Geschäftsführender Vorstand, Forum Bildung Digitalisierung

Moderation:

Nicola Brandt | Leiterin des OECD Berlin Centre

Zentrale Ergebnisse der Diskussion:

  • Bei der Einführung neuer Technologien auf Schulebene ist die Politik gefordert, einen systemischen Ansatz zu gewährleisten. Anhand eines Anforderungskatalogs beispielsweise für digitale Plattformen ließe sich sicherstellen, dass Innovationen aus dem Privatsektor untereinander kompatibel sind und sich Pilotprojekte leicht weiterentwickeln lassen.
  • Für echten Fortschritt braucht es auch eine gewisse Risikobereitschaft und Autonomie auf Ebene der einzelnen Schulen. Damit jeder aus den Erfolgen und Fehlern der anderen lernen kann, braucht es Plattformen, die auf allen Ebenen des Bildungssystems den Austausch ermöglichen.
  • Obwohl Deutschlands Lehrkräfte im OECD-Vergleich gut verdienen, wollen hierzulande nicht genügend Menschen den Beruf ergreifen. Um das zu ändern, sollte das Arbeitsumfeld intellektuell attraktiver gestaltet werden. Spielraum für innovative Lehrmethoden ist dabei sehr wichtig, aber auch die Möglichkeit für Lehrkräfte, direkt an der Entwicklung digitaler Instrumente für den Unterricht mitzuwirken. Das hilft, die Digitalisierung in Schulen voranzutreiben und Menschen für den Lehrerberuf zu motivieren.
  • Die Pandemie hat gezeigt, wie groß das kreative Potential der Lehrkräfte ist. Um das zu nutzen, sind jetzt Investitionen in die digitale Infrastruktur und Grundausstattung der Schulen und der Verwaltung notwendig. Gleichermaßen gilt es, auf allen Ebenen des Bildungssektors in Weiterbildung zu investieren, damit digitale Instrumente auch optimal genutzt und angewendet werden.
  • Dass Führungspersönlichkeiten wie Schulleiter:innen Impulse setzen, ist für die Einführung neuer Technologien wichtig. Anreize müssen aber von allen Instanzen wie Schulbeiräten und Vorständen getragen werden. Das gibt Lehrkräften Sicherheit, die neuen Lehrmethoden anzuwenden. Hier ist es auch Aufgabe der Politik, auf Leitungsebene mehr für Digitalisierung zu werben.
  • Eine besondere Chance der Digitalisierung liegt in neuen Formen der Leistungsbewertung. Anstelle einer künstlichen Prüfungssituation, in der auswendig gelernte Inhalte wiedergegeben werden müssen, kann die Bewertung näher am realen Leben stattfinden. So können beispielsweise spielbasierte Methoden simulieren, welche realen Folgen sich aus den Antworten der Schüler:innen ergeben würden. Das kann den Spaß am Lernen erhöhen.   
  • Wie die PISA-Studie 2018 gezeigt hat, verbringen 15-Jährige im OECD-Schnitt 35 Wochenstunden im Internet. Allerdings kann weniger als die Hälfte gut im Internet navigieren und Fakten von Meinungen unterscheiden. Dieser Diskrepanz ließe sich mit Lehrplänen entgegenwirken, die einen fächerübergreifenden Fokus auf Medienkompetenz beinhalten.
  • Bei der Entwicklung neuer Technologien muss die Lernaktivität im Vordergrund stehen. Lehrkräfte sollten viel stärker als bisher in die Entwicklung einbezogen werden. So wird sichergestellt, dass Innovationen erfolgreich im Unterricht eingesetzt werden und sich Lehrkräfte darauf einlassen. Auch eine Einbindung der Lehrer:innen in die Verwaltung würde helfen, mehr Bereitschaft für Innovation zu schaffen.

Mitschnitt der Veranstaltung:

Download der Präsentation von Andreas Schleicher.

Zum Weiterlesen:

Digitale Schule „nach Corona“: Bildungsexperten warnen vor Rückkehr zum klassischen Frontalunterricht . Bericht des Tagesspiegels über das Expertengespräch von Andreas Schleicher und Jacob Chammon (20. September 2021)

OECD Digital Education Outlook 2021: Pushing the Frontiers with Artificial Intelligence, Blockchain and Robots. OECD-Studie zur digitalen Entwicklung des Bildungssektors in OECD-Ländern (8. Juni 2021)

21st-Century Readers: Developing Literacy Skills in a Digital World. Sonderauswertung der PISA-Ergebnisse von 2018 zur Lesekompetenz der Schüler:innen in einer digitalen Welt (4. Mai 2021)

Deutscher Schulpreis. Seite des deutschen Schulpreises zur Auszeichnung innovativer Schulkonzepte